Schnell kann sich das Blatt wenden. Bei den erfolgsverwöhnten Musikern machten sich erste Anzeichen einer Krise bemerkbar. Bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges wurde kein Wertungsspiel mehr besucht, entsprechend fehlten hoch gesteckte Ziele. Häusliches Üben wurde vernachlässigt. Hinzu kamen vereinsinterne Unregelmäßigkeiten, die Kameradschaft bröckelte, das musikalische Niveau sank.
Ein Tiefpunkt war bald erreicht. Dazu beigetragen hat auch der unsägliche Krieg. Nach und nach wurden Musiker zur Wehrmacht eingezogen, auch Dirigent und Vorsitzender Reinhold Buschle. Der Probebetrieb wurde eingestellt. Bis 1945 verloren 4 Musiker ihr Leben; Preise, Pokale und Diplome waren bedeutungslos geworden.
1931
Ausbezahlt in der damaligen Währung, der Reichsmark: Der 1. Vereinsdiener , Josef Lang, wurde gewählt und “soll 2.- Mark” erhalten.
1932
Finanziert wurden Auslagen mit Eigenmitteln: Pro Vierteljahr bezahlte jedes Mitglied 50 Pfennig in die Kasse.
1933
Mit Erschrecken wird ein Fehlbetrag im Kassenbuch festgestellt.
1934-1935
Das Recht greift. Der Fehlbetrag löst Untersuchungen aus, Kassen- und Schriftführerbuch werden beschlagnahmt, es kommt zu Prozessen.
1936
Es wird wieder musiziert, der Kassenstand verbessert, indem Hochzeiten bespielt werden. Montags werden 10 .- Mark, samstags 8.- Mark pro Spieler verlangt. Auch Gründer Johann (Hanni) Waizenegger tritt mit Walburga an den Altar.
1937
Gründer und seit 1932 Kassier Wilhelm Buschle vermählt sich im Januar mit Elisabeth.
Erste Strafmaßnahmen: Bei Nichtentschuldigung des Probenbesuches werden 20 Pfennig fällig.
1938
Viel nehmen sich die Musiker vor. Im Schriftführerbuch dominiert “es soll …”.
1939
Die erste Prämie in der Vereinsgeschichte wird beschlossen: Reinhold Buschle, seit 1927 Vorstand, ab 1932 Dirigent wird für seine Doppelbelastung mit 20.- Mark belohnt. Die Zeichnung zeigt sein Elternhaus.
1940-1941
Kriegsjahre lassen Leere entstehen: im Geldbeutel, beim Musizieren, im Herzen. Auch das Protokollbuch kann nur 2 leere Seiten vorweisen – keine Eintragungen.
1942
Die Einberufung an die Front wurde im Wehrpass als “Aushebung” deklariert. Vorstand und Dirigent wurden genauso “ausgehoben” wie weitere Musikkameraden. Das “Bild” entstammt einem Originalwehrpass aus dem Jahre 1942 (nicht von Reinhold Buschle). Der Musikbetrieb kam zum Stillstand, er ruhte.
1943
Die Befürchtung wird zur Gewissheit: Die Nachricht vom Tode des Dirigenten und Vorstandes trifft ein. Er fällt an der Front, ebenso weitere Musikkameraden.
Die letzte Ruhestätte von Reinhold Buschle befindet sich in Krasnodar, im heutigen Russland – inmitten einer Vielzahl von Kameraden.
1944-1945
Die Besatzungsmächte beschließen die Auflösung sämtlicher Vereine. Neben der Hauptzielgruppe Turn- und Schützenvereine trifft das auch die Musikvereine. Die Verordnungen im Bild entstammen dem Stadtarchiv Mühlheim, sind teilweise zweisprachig vorliegend, weil der Kreis Tuttlingen vom französischen Militärgouvernement verwaltet worden war.